Die Pfarrkirche St. Nikolaus in Kutzenhausen wurde im Jahr 1754 von dem Maurer- und Zimmermeister Josef Meitinger aus Ustersbach und dem Zimmer- und Maurermeister Matthias Kraus aus Dinkelscherben nach einem Plan des “Hofmaurermeisters” Ignatz Paulus aus Augsburg im barocken Stil erbaut. Ursprünglich erhob sich an dieser Stelle eine spätgotische Chorturmkirche, die 1723 noch um zwölf Schuh (ca. 3,25 m) verlängert wurde.

Zunächst war nur eine Erweiterung des Langhauses mit neuem Chor und Turm geplant. Dazu hatten Meitinger und Kraus Überschläge erstellt und Ignatz Paulus war mit einem Entwurf in Konkurrenz getreten. Meitinger und Kraus erhielten den Auftrag zum Kirchenbau mit der Auflage, sich genau an den Riß von Ignatz Paulus zu halten. Noch im gleichen Jahr malte Franz Martin Kuen aus Weißenhorn die Kirche aus.

Nach Angaben von Pfarrer Anton Niedermayer (1776-1794) betrugen die Kosten für den Kirchen- und Turmbau, einschließlich Ausstattung und Stuckierung, ca. 4000 Gulden. Sie mussten von der damals armen Kirchenpflege und ihren Filialen aufgebracht und zunächst durch Kreditaufnahmen bei den umliegenden Kirchenstiftungen finanziert werden. Das Domkapitel Augsburg hat als Grundherrschaft zum Neubau der Kirche lediglich mit Bauholz im Anschlag von 100 Gulden beigetragen.

Das Kirchenschiff wurde im Jahr 1895 noch einmal um ein Joch nach Westen hin verlängert, nachdem ein Jahr zuvor die Ortschaft Maingründel offiziell in die Pfarrei Kutzenhausen eingegliedert wurde. Damals mußte auch die Empore umgebaut werden und es entstand eine geradlinige Brüstung, die bei der Kirchenrenovierung 1959/60 wieder durch eine geschwungene Form ersetzt wurde. Im Lauf der 250 Jahre wurde die Kirche acht mal restauriert. Die letzte umfassende Aussen- und Innenrenovierung fand in den Jahren 1997-1999 statt. Die Kirchenmaler haben sich dabei an das ursprüngliche, bei Befunduntersuchungen freigelegte Farbkonzept gehalten.

Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph

Während die Kirche nach außen hin ein relativ schlichtes Erscheinungsbild abgibt, überrascht das Innere mit einer reichlichen, aber nicht überladenen barocken Zierde. Die Künstler haben einen festlichen Raum geschaffen.

Die vortrefflich gestalteten Altäre mit schlanken Säulen, dem reichen Zierrat, den eindrucksvollen Bildern sowie den in kühnen Stellungen sitzenden und schwebenden Engeln und Putten erfreuen das Auge. Leuchtende Fresken und stuckumrahmte Medaillons zieren die Decke und glänzende Goldbrokatflächen ergeben wirkungsvolle Kontraste zum Weiß der Wände.

Reiche Stuckverzierungen unterbrechen spielerisch die glatten Flächen. Der Stuck im Chor und im Langhaus in Wessobrunner Art stammt vielleicht von Franz Xaver Feichtmayr d.Ä. aus Augsburg. 

400x300 PICT3209Im Chorbogenscheitel fällt eine flache Rocaille-kartusche auf, ein Zierrahmen aus unsyme- trischen Muschelschalen. Sie umschließt die Jahreszahl MDCCLIV (1754), die das Baujahr der Kirche angibt.

Im Chorbogen gegen das Langhaus ist das Wappen des Domkapitels Augsburg angebracht. Es zeigt auf einem geteilten zweifarbigen Schild die Muttergottes mit dem Jesuskind, und drückt damit die Beziehung zum Mariendom aus. Das Dorf Kutzenhausen gehörte von 1629 bis 1803 zum Herrschaftsbereich des Domkapitels.

Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph

Der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre sind vortrefflich gestaltet und fügen sich harmonisch in den Raum. Sie entstanden um 1755, sind aus Holz gefertigt und marmoriert.

Bei der letzten Renovierung wurde die ursprünglich grüne Marmorierung an den Säulen des Hochaltars freigelegt und wieder aufpoliert, so dass sie den Eindruck von echtem Marmor erweckt. Das große Altarbild stellt die Anbetung des göttlichen Kindes durch die Heiligen drei Könige dar. Dieses Gemälde malte in Öl auf Leinwand B. Otterpohl im Jahre 1924 in München für die Pfarrkirche in Kutzenhausen. Es ist eine sehr gute Kopie des berühmten Gemäldes “Anbetung des Kindes”, das der italienische Maler Giovanni Battista Tiepolo (1696- 1770) schuf. Franz Martin Kuen war ein Schüler dieses berühmten Meisters in Venedig. Das Original befindet sich in der Alten Pinakothek in München. Das frühere Altarbild zeigte den Kirchenpatron St. Nikolaus, gemalt im Nazarener-Stil.

Auf den Türbögen zu beiden Seiten des Altares steht je eine 160 cm hohe, aus Holz geschnitzte, weiß gefasste Statue; links die hl. Katharina von Alexandrien, rechts die hl. Margareta von Cortona. Sie stammen wahrscheinlich von dem berühmten Bildschnitzer Johann Michael Fischer aus Dillingen.

Der rechte Seitenaltar zeigt im Altarbild den hl. Vitus. Kessel, Haken und Ruten weisen auf die zahlreichen Marter hin, denen der jugendliche Blutzeuge ausgesetzt war. Ein Engel bringt ihm den Palmzweig, das Zeichen des siegreich überstandenen Martyriums. Der hl. Vitus gehört zu den 14 Nothelfern und ist in der Pfarrkirche Kutzenhausen auch noch als Halbfigur in einem Kessel dargestellt.

Das Gemälde im Auszug zeigt den hl. Franz Xaver in Jesuitenkleidung, wie er predigt oder einen Inder tauft. Das Kreuz in der Hand als Attribut kennzeichnet ihn als den großen Missionar.

Den rechten Seitenaltar schmückt auch eine besonders schöne Pieta, eine Holzschnitzarbeit aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie ist also älter als die Kirche. Das Kunstwerk von einem unbekannten Meister zeigt die trauernde Muttergottes mit dem vom Kreuz abgenommenen Leichnam ihres Sohnes auf dem Schoß.

Der linke Seitenaltar zeigt im Altarbild die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten. Das Gemälde wurde ebenso wie das Altarbild des Hochaltares von B. Otterpohl in München im Jahre 1925 in Öl auf Leinwand für die Pfarrkirche Kutzenhausen gemalt. Es ist eine Kopie eines Werkes des niederländischen Malers Jan van Dyck (1599-1641).

Das Bild im Auszug stellt den hl. Johannes Nepomuk als Prager Domherrn mit Kreuz und Palmzweig in den Händen dar. Ein großer Strahlenkranz umgibt sein Haupt.

Der neue Zelebrationsaltar schmückt seit dem Fronleichnamsfest des Jahres 1978 die Pfarrkirche in Kutzenhausen. Pfarrer Anton Scherer ließ ihn von der Kirchenverwaltung bei der Kirchenmalerfirma Josef Lang zu Lechbruck in Auftrag geben, um entsprechend den liturgischen
Richtlinien des II. Vatikanischen Konzils die Messe zum Volk zugewandt feiern zu können. Bei der Innenrenovierung 1999 wurde der Altar neu gefasst, so dass er sich in das Farbkonzept der anderen Altäre einfügt.

Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph

“Ein Kirchen bauen ist soviel wie einen neuen Himmel erschaffen ...
erheb deine Augen, siehe an diesen neuen Himmel”

 

Ganz in diesem Sinne öffnet sich in gemalter Weiterführung der Architektur dem Betrachter beim Aufblick auf das Deckenfresko gleichsam der Himmel. Er ist hineingenommen in die Gemeinschaft der Heiligen, die zum Thron des Lammes hinzutreten, wie der heilige Nikolaus, der Patron der Kirche. Im hellsten Licht, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten thront das Lamm, das Christus bezeichnet, auf dem Buch mit den sieben Siegeln.

Das erinnert an die Vision Johannes in der “Geheimen Offenbarung” vom himmlischen Jerusalem: “Und ich sah: Zwischen dem Thron und den vier Lebewesen ... stand ein Lamm. (Offb. 5,6). ... Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott ist ihr Tempel, er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten; ihre Leuchte ist das Lamm.” (Offb. 21, 22-23)

Der heilige Nikolaus ist einer der vierzehn Nothelfer. In den Himmel erhoben tritt er fürbittend für die Gläubigen ein. So zeigen die Bilder in den nach außen anschließenden Halbkreisen, wie notleidende Menschen durch den heiligen Nikolaus und seine Fürbitte Hilfe erfahren. Sie werden in Armut, Seenot, Todesgefahr gerettet und vor der Schande bewahrt. Die Engel, die die Hilfe vermitteln zeigen an, dass es letztlich Gott ist, der die Not der Menschen wendet. Die Heiligen sind dabei Fürsprecher und Werkzeuge.

Der Freskenausschnitt auf der Nordseite gibt die älteste Legende wieder, die sehr zu seiner Verehrung beigetragen hat. Der heilige Nikolaus rettet drei unschuldig zum Tode verurteilte, gefangene Feldherren vor dem Schwert des Henkers. Mit gelösten Fesseln kommen sie voll Freude aus dem Kerker und blicken dankbar zum hl. Nikolaus auf, durch dessen Fürbitte sie befreit und vor der Hinrichtung bewahrt wurden. Ein Engel mit dem Schlüsselbund in der Hand versinnbildlicht die gottgeschenkte Freiheit.

Als großzügiger Wohltäter, der seine Gaben unbemerkt schenkt ohne viel Aufhebens davon zu machen, ist der hl. Nikolaus auf dem östlichen Freskoausschnitt dargestellt. Nikolaus hatte von der Not eines verarmten Edelmannes und seiner drei Töchter gehört. Dieser wollte seine drei Töchter in die Prostitution verkaufen, weil er keinen anderen Ausweg sah, um sie zu ernähren. Nikolaus beschloß, ihnen zu helfen.

Weil er fürchtete, sie könnten sich schämen, seine Hilfe anzunehmen, warf er in drei Nächten hintereinander heimlich einen Beutel mit Geld durch das Fenster in die Schlafkammer der Töchter. So konnten sie anständig verheiratet werden und mussten nicht auf sündhafte Weise ihren Lebensunterhalt verdienen. Nikolaus erwies sich hier als Beschützer der Reinheit. Darum schwebt über den drei glücklichen Jungfrauen ein lichter Engel mit Lilien, dem Symbol der Herzensreinheit.

Nach dem Tod seiner Eltern fiel dem Nikolaus eine reiche Erbschaft zu. Er verbrauchte das Geld nicht für sich, sondern wurde zum Wohltäter aller Notleidenen und Helfer der Armen. Die Erinnerung daran hat sich bis heute gehalten und ist wohl auch der Grund dafür, dass an seinem Namenstag die Kinder beschert werden.

So zeigt der dritte Freskoausschnitt, wie arme Leute auf die Fürbitte des heiligen Nikolaus durch gute Menschen Hilfe erfahren, während über ihnen ein Engel sein Füllhorn ausschüttet.

Das letzte Bild zeigt die Legende von der wunderbaren Rettung aus Seenot, die der Fürbitte des heiligen Nikolaus zugeschrieben wird. Nikolaus habe durch sein Gebet den Sturm gestillt oder, wie eine andere Legende erzählt, bei schwerstem Sturm ein Schiff sicher durch die Klippen hindurch geführt. So wundert es nicht, dass die Seeleute den hl. Nikolaus als ihren Patron verehren. Während den Seeleuten auf unserem Bild Entsetzen und Panik ins Gesicht geschrieben ist, blasen Engel über ihnen günstige Winde zu. Eine Besonderheit dieses Gemäldeteiles soll nicht unerwähnt bleiben: Das gemalte Ankerseil geht am Bildrand in ein wirkliches Seil über.


Das Deckenfresko im Chor stellt die Todesstunde des hl. Nikolaus dar. Sein Tod wird durch die Legende mit wunderbaren Züben verklärt: “Durch das Alter gebeugt, fühlte sich Bischof Nikolaus den Pflichten seines Amtes nicht mehr gewachsen, un er bat Gott um Befreiung von diesen Lasten. Da ist ihm der Herr selbst erschienen und hat ihm den Lohn für seine Mühen und Arbeiten verheißen. Er eröffnete ihm den Tag und die Stunde seines Hinscheidens. Nikolaus empfing mit der größten Andacht zum letzten Male die heiligen Sakramente. Darauf verfiel er in eine kurze Krankheit und sah vor seinem Hinscheiden den Himmel offen.”


Das Gemälde zeigt den Heiligen auf dem Krankenbett, wie ihm ein junger Priester die heilige Kommunion reicht. Die Muttergottes im blauen Gewande streckt ihm die Hände entgegen.

Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph

 

Die Orgel in der Pfarrkirche entstand in den Jahren 1987/88 in der Werkstätte des Orgelbaumeisters Maximilian Offner in Kissing. Das Gehäuse des Hauptwerkes steht frei auf der Empore und fügt sich mit seinen Türmen und Schwüngen, den zahlreichen Profilen und den schönen vergoldeten Schnitzereien harmonisch in den Kirchenraum ein.

Hinter dem Hauptwerk (I. Manual), in welchem auch das Pedalwerk mit seinen 2,60 m großen Basspfeifen Platz fand, befindet sich an der Kirchenrückwand das Schwellwerk (II. Manual). Frei vor dem Orgelprospekt steht der Spieltisch in der Mitte der Empore.

Zu den vorhandenen Registern wurde 1999 als 18. Register ein ursprünglich eingeplantes Zungenregister, eine Rohrschalmei, eingebaut. Dabei wurde auch der ursprünglich von der Vorgängerorgel übernommene Subbass durch einen neuen ausgetauscht.

St. Vitus Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph

 

 

Der Turm der Pfarrkirche erhebt sich über dem nördlichen Chorwinkel. Der massive quadratische Unterbau schließt mit einem profilierten
Zwischengesims. Darüber erhebt sich ein hoher Achtecksaufbau mit rundbogigen Schallöffnungen nach allen vier Himmelsrichtungen. Den Turm deckt eine doppelt geschweifte Zwiebelhaube mit Knauf und Kreuz.

Im 6. Geschoß befindet sich der eiserne Glockenstuhl mit vier Bronzeglocken. Die älteste Glocke stammt aus dem Jahr 1502; sie ist also heute doppelt so alt wie die jetzige Pfarrkirche. Es ist eine gut erhaltene mittelalterliche Glocke, Tonlage g, 101 cm Durchmesser, 600 kg schwer, die zweitgrößte im Geläut. Die Kronenbügel sind mit sechs Frauenköpfen geschmückt.

Die Umschrift in spätgotischen Kleinbuchstaben lautet: X osanna X hais ich X in der eren X sant X jacob X gos X mich X peter X getis X zvo X
nverlingen X da man zalt X m ccccc ii X jar.

In unserem heutigen Deutsch: Hossanna heiss ich; zu Ehren von Sankt Jakob goß mich Peter Getis zu Nördlingen im Jahr 1502.

Diese Glocke wurde während des zweiten Weltkrieges wegen ihres ehrwürdigen Alters vor dem Einschmelzen bewahrt. Dagegen wurden die drei Glocken, die im Jahre 1913 erworben und geweiht wurden im Krieg abgenommen und eingeschmolzen. Im Jahr 1954 bekam die Kirche unter Einbeziehung der ältesten Glocke ein neues Geläut. Die drei Glocken wurden von der Glockengießerei Wolfart in Lauingen an der Donau gegossen.

Die größte Glocke, Tonlage f, ca 110 cm Durchmesser, 780 kg schwer, trägt die Umschrift MARIANI ANNI GAUDIA PIE UT SIGNIFICET ARTIFICIOSE HANC FINXIT LAUINGAE WOLFARTUS (Damit diese Glocke die Freuden des Marianischen Jahres verkündet, hat sie gegossen Wolfart in Lauingen). Darunter befindet sich das Firmenzeichen mit der Jahreszahl 1954; ebenso auch bei den beiden anderen neuen Glocken.

Quelle: Kirchenführer Kutzenhausen, Verfasser Lorenz Fleiner und Martin Rudolph